Immer wieder sorgen Meldungen von außergewöhnlichen Schatzfunden in allen Teilen der Erde für Furore. Dabei folgen sensationellen Entdeckungen oft langwierige Rechtsstreitigkeiten zu Provenienz und Eigentumsverhältnissen. Besonders Staaten, in denen sich Fundstellen vergangener Hochkulturen befinden, verfügen über strenge gesetzliche Regelungen. Beispielhaft wären hierfür Griechenland, die Türkei oder die Länder des Nahen Ostens zu nennen, die sämtliche Bodenfunde zum Staatseigentum zählen. Einen anderen Weg gehen, wie die besonders aktive Szene an privaten Suchenden zeigt, Länder wie die USA und England. Durch den englischen Treasure Act von 1996 wird dem Finder eine Meldepflicht von 14 Tagen auferlegt, auf die die Kategorisierung des Fundes als Schatz folgt und bei positivem Ausgang durch ein unabhängiges Komitee ein Kaufpreis bestimmt wird, zu dem die staatlichen Museen das Stück erwerben können. Wollen oder können jene den Fund nicht ankaufen, bleibt der Finder Eigentümer.
Auch in Deutschland suchen regelmäßig mehrere tausend Menschen mit mehr oder weniger leistungsfähigen Metalldetektoren nach alten Münzen, Werkzeugen oder Schmuck. Viele dieser sogenannten Sondengänger sind fasziniert vom eigenhändigen Entdecken eines Schatzes. Doch wer mit Harke, Spaten und Detektor durch deutsche Wälder und Felder zieht, bewegt sich rechtlich auf unsicherem Grund. Schnell wird aus dem Hobby-Schatzsucher ein Grabräuber. Zentrale Problematik bei Schatzfund stellt dabei, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht, die Eigentumsfrage dar. Lösungen für Fragen rund um das Eigentum bietet das in den landeseigenen Denkmalschutzgesetzen enthaltene Schatzregal, mit welchem sich im folgenden detailliert beschäftigt wird.
Als Schatzregal bezeichnet man ein staatliches Hoheitsrecht, nach welchem Schätze mit der Entdeckung durch den Finder Eigentum des Staates werden, ohne dass dazu ein weiterer Rechtsakt erforderlich ist. Als Schatz bezeichnet der § 984 BGB Sachen, die so lange verborgen gelegen haben, dass der Eigentümer nicht mehr zu ermitteln ist. Das Kulturrecht und damit auch Regelungen über das Schatzregal sind Ländersache und werden durch die einzelnen Bundesländer geregelt. An Fundstücken in Bundesländern, in denen ein Schatzregal existiert, erlangt also der Staat im Augenblick der Entdeckung das Eigentum an der Sache. Dieses schon einem der ältesten Rechtsbücher des deutschen Mittelalters, dem Sachsenspiegel, bekannte Rechtsinstitut regelt die Eigentumsverhältnisse bei Schatzfund somit abweichend vom generellen Grundsatz der Hadrianischen Teilung gemäß § 984 BGB. In einem solche Fall geht das Eigentum an Schätzen zu jeweils 50 % an Finder und 50 % an Grundeigentümer über.
Aus kulturhistorischer Perspektive dient das Schatzregal sowohl der territorialen- wie auch Erkenntnissicherung von für Staat und Gesellschaft bedeutenden Zeugnissen früherer Geschichte. Existieren nicht auch schriftliche Quellen, besteht in den regelmäßig unter das Schatzregal fallenden archäologischen Quellen oft das einzige Mittel der Erkenntnisgewinnung über vergangene Epochen und Ereignisse. Von großem Interesse für die Klärung von Provenienz, Datierung und damit einhergehend auch wissenschaftlicher Bedeutung des Fundes, sind dabei auch die genauen Umstände, unter denen der Schatz entdeckt wird.
Ob nun der Schatzregal Paragraph des jeweiligen Bundeslandes einschlägig ist, welche Voraussetzungen dabei welchen Definitionen unterliegen und wie das Verhältnis zwischen Finder; Grundeigentümer und Land ausgestaltet ist, muss dabei von Land zu Land neu betrachtet werden.
I. Länder mit „kleinem“ Schatzregal
Baden-Württemberg ( § 23 BW DSchG); Mecklenburg Vorpommern ( § 13 DSchG M-V); Schleswig Holstein ( § 15 II DSchG SH); Thüringen ( § 17 ThürDSchG); Bremen ( § 19 DSchG – Bremen); Niedersachsen ( § 18 DSchG ND) Nordrhein-Westfalen ( § 17 I DSchG NRW); Rheinland-Pfalz (§ 20 I DschG RP); Sachsen-Anhalt ( § 12 I DSchG ST); Hessen ( § 24 DSchG Hessen)
a) In einer Mehrzahl von Bundesländern wird das Schatzregal wie folgt interpretiert:
Grundsätzlich besteht für sämtliche Formen von Nachforschung gemäß § 12 DschG M-V, insbesondere für Grabungen oder den Einsatz technischer Suchgeräte mit dem Ziel, im Bereich von Bodendenkmälern jene zu entdecken, eine Genehmigungspflicht durch die oberste Denkmalschutzbehörde, wohingegen die Suche außerhalb des Bereiches von Bodendenkmälern und geschützten Bereichen nicht der Genehmigung bedarf.
Wird nun gemäß § 12 DschG M-V ein nicht ganz unbedeutender Fund von Sachen, Sachgesamtheiten oder Teilen von Sachen gemacht, ist dies unverzüglich zu melden und die Fundstelle im Anschluss für mindestens vier Tage in unverändertem Zustand zu erhalten. Wobei die Denkmalschutzbehörde diesen Zeitraum bei Bedarf verlängern kann. Des Weiteren hat die Denkmalschutzbehörde das Recht, dass Denkmal zu bergen und für die Auswertung und wissenschaftliche Erforschung bis zu einem Jahr in Besitz zu nehmen.
Ob für diesen Fund nun das Schatzregal gilt oder nicht, muss dann mithilfe der gesetzlichen Definitionen geklärt werden. Hierfür muss es sich dem Gesetzeswortlaut nach zuerst um ein bewegliches Kulturdenkmal handeln. Gemäß den nachfolgenden länderspezifischen Normen § 2 BW DSchG; § 2 I Nr. 3 DSchG – Bremen; § 2 I, IV DSchG M-V; § 3 V DSchG ND; § 2 I, IV DSchG NRW; § 3 DSchG RP; § 2 II Nr. 4 DSchG SH; § 2 I ThürDSchG; § 2 II Nr. 5 DSchG ST sind jene Sachen, Sachgesamtheiten und Teile von Sachen als Kulturdenkmal zu bezeichnen, an deren Erhaltung unter anderem aus wissenschaftlichen, künstlerischen oder heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht. Umfasst werden von dieser Definition auch gefundenes Zubehör, Umgebungen und Gesamtanlagen von größerem Umfang. Des Weiteren muss diese Sache auch herrenlos oder so lange verborgen gewesen sein, dass ein Eigentümer nicht mehr zu ermitteln ist, also ein Schatz im Sinne des § 984 BGB sein.
Werden bei Grabungen Funde gemacht, die dieser Definition entsprechen, erlangt das Land, in dem die Sache entdeckt wurde, unter drei alternativen Umständen Eigentum an der Sache. Zum einen muss sie entweder bei staatlichen Nachforschungen entdeckt worden sein, oder aber von hervorragendem wissenschaftlichen Wert sein. Weiterhin könnte der Gegenstand in von der Denkmalschutzbehörde ausgewiesenen Grabungsschutzgebieten, in denen eine begründete Vermutung besteht, dass sie Kulturdenkmale von besonderer Bedeutung bergen, entdeckt werden.
Treffen diese Punkte auf die aufgefundene Sache zu, so ist das Schatzregal anzuwenden. Besonders funde von mäßiger wissenschaftlicher Bedeutung werden also vom kleinen Schatzregal ausgenommen und nach § 984 BGB behandelt.
b) Unabhängig von dieser Leitlinie der Gesetzesinterpretation der Länder des kleinen Schatzregals finden sich jedoch in einer Vielzahl von Bundesländern Abweichungen in den Gesetzesformulierungen und zusätzliche Absätze, die hier näher erläutert werden sollen.
aa) Schleswig Holstein ( § 15 II Nr.3 DSchG SH); Thüringen ( § 17 ThürDSchG)
Zwei Bundesländer kennen neben den drei oben genannten Tatbestandsalternativen die Möglichkeit, auch sämtliche Entdeckungen bei ungenehmigten Nachforschungen in das Schatzregal einzubeziehen.
bb) Bremen ( § 19 II DSchG – Bremen)
In Bremen muss gemäß § 19 II DSchG – Bremen die Denkmalschutzbehörde das Bodendenkmal in einem bestimmten Zeitraum in die Denkmalliste eintragen lassen, andernfalls geht das Eigentum nach § 984 BGB an Finder und Grundeigentümer über.
cc) Niedersachsen ( § 18 S. 2 DSchG ND) Nordrhein-Westfalen ( § 17 II DSchG NRW); Rheinland-Pfalz (§ 20 II DschG RP); Sachsen-Anhalt ( § 12 I DSchG ST); Hessen ( § 25 II DSchG Hessen)
Nur in diesen Vorschriften finden sich Regelungen, die dem Finder genehmigter Grabungen gemäß § 18 S. 2 DSchG ND; § 17 II DSchG NRW; § 12 I DSchG ST; § 25 II DSchG Hessen; § 20 II DSchG RP einen Anspruch auf entsprechende Belohnung zusichern.
Wie inzwischen deutlich geworden ist, werden im Zusammenhang mit dem Schatzregal in vielen Fällen unbestimmte Rechtsbegriffe genutzt, die von den Behörden ausgelegt werden. Dadurch bleiben jedoch die Voraussetzungen für das Schatzregal und damit auch die Frage, wann eine Sache in das Eigentum des Landes übergeht, zum Nachteil des Finders unklar.
II. Länder mit „großem“ Schatzregal
Berlin ( § 3 II DSchG Bln); Hamburg ( § 17 III DSchG HH); Sachsen ( § 25 I, II SächsDSchG)
In einigen Bundesländern existieren aber auch besonders weitreichende Formen des Schatzregals. Unter diesen Rechtsordnungen geht unabhängig von jeglicher Bedeutung des Fundes für die Gesellschaft oder Fachwelt das Eigentum am Schatz an das Land. Begründet wird dies unter anderem damit, dass dadurch die zuvor angesprochenen Abgrenzungs- und Interpretationsschwierigkeiten, oder Probleme bei der zeitlichen Einordnung als Denkmal umgangen werden und so Rechtssicherheit geschaffen wird. Das Denkmalschutzgesetz Sachsens sichert wie aus einigen Ländern mit kleinem Schatzregal bekannt auch einen Anspruch auf Belohnung gemäß § 25 II SächsDSchG zu.
III. Länder mit „mittleren“ Schatzregal
Saarland ( § 14 SDSchG); Brandenburg ( § 12 I, II BdgDSchG)
Die Rechtsordnung zum Beispiel des Saarlandes bewegt sich dabei zwischen beiden Ansätzen, indem lediglich auf einen existenten, nicht aber hervorragenden wissenschaftlichen Wert des Fundes abgestellt wird. Dabei werden also deutlich mehr Funde in die Schatzregal-Regelung mit einbezogen und rechtliche Abgrenzungsschwierigkeiten verringern sich. Die brandenburgische Rechtsordnung übernimmt den gleichen Ansatz und kennt des Weiteren einen Anspruch auf Belohnung nach § 12 II BdgDSchG.
IV. Länder ohne Schatzregal ( BayDSchG)
Bayerns Landesrecht kennt kein Schatzregal, es wird also gemäß der Hadrianischen Teilung in § 984 BGB vorgegangen.